© pexels

TFA im Trinkwasser: Unsichtbare Gefahr für Mensch und Umwelt

23.10.2025

TFA ist eine sogenannte Ewigkeitschemikalie. Ist sie erst einmal entstanden, kann sie nicht mehr abgebaut werden. Sie ist in der Atmosphäre und sogar im Trink­wasser nachgewiesen. Eine hohe Konzen­tra­tion kann gesundheitsschädlich sein. Ne­ga­tive Auswirkungen auf Fortpflanzung und Schwangerschaft wurden bereits bestätigt.

TFA klingt zunächst nach kompliziertem Chemieunterricht und nach einem Begriff, den man Fachleuten überlassen möchte. Doch statt abzuschalten, sollte sich jeder mit dem Thema befassen, denn es betrifft uns alle. „TFA steht für Trifluoressigsäure oder Trifluoracetat und gehört zur Gruppe der PFAS, der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen“, erklärt Claudia Krüger vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg. „TFA kommt, wie andere PFAS, nicht natürlich vor, sondern bildet sich entweder durch Abbaureaktionen von anderen bereits fluorierten Industriechemikalien, es kommt zum Beispiel als Abbauprodukt bestimmter Medikamente vor oder wird in der Biotechnologie verwendet“, ergänzt die Pressesprecherin vom Ministerium.

TFA entsteht also aus PFAS. Diese werden in der Industrie verwendet, stecken in Pestiziden, Kältemitteln, Feuerlöschmitteln und sind in Alltagsprodukten wie Zahnseide, imprägnierten Stoffen, Pfannenbeschichtungen oder Arzneimitteln zu finden. So und auf anderen Wegen gelangen sie an die Menschen.

TFA verschwindet nie wieder!

TFA breitet sich immer weiter aus und gilt als „sehr mobil in der Umwelt“. Erstaunlich ist, dass die Grundwasserbelastung durch TFA eigentlich zufällig erkannt wurde. 2016 sind bei einem Forschungsprojekt Konzentrationen von TFA im Neckar aufgefallen. Daraufhin wurde auch das Grundwasser untersucht. Diese Untersuchungen wurden nach und nach auf ganz Baden-Württemberg ausgedehnt. An 95 Prozent der Messstellen wurde TFA nachgewiesen.

Laut Umweltportal Baden-Württemberg ist mittlerweile fast überall im Grund- und Trinkwasser TFA enthalten, aber auch in Böden und Pflanzen. Es bewegt sich im gesamten Wasserkreislauf. Das Brisante dabei: Ist TFA einmal freigesetzt, verschwindet es nie wieder aus der Umwelt. Deshalb wird TFA auch als Ewigkeitschemikalie bezeichnet und kann mit herkömmlicher Technik weder herausgefiltert noch entfernt werden. Selbst Neugeborene tragen den Schadstoff PFAS bereits im Blut.

© pixabay

Als potentiell fortpflanzungsschädlich eingestuft

Von TFA gehen in Abhängigkeit von der Konzentration verschiedene Gesundheitsgefahren aus, erklärt das Ministerium. „Zunächst handelt es sich bei TFA um eine Säure und kann in hohen Konzentrationen schwere Verätzungen verursachen. Darüber hinaus ist TFA akut toxisch und es gibt Hinweise darauf, dass TFA reproduktionstoxisch sein kann, das heißt, es kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen“, sagt Krüger.Studien an Tieren haben dies bereits belegt und auch deutsche Behörden stufen TFA als  „potentiell fortpflanzungsschädlich“ ein. Zwar trifft dieses nur bei extrem hoher Konzentration von TFA zu, die so noch nicht vorkommt, doch Fachleute warnen bereits für die Zukunft. „Von einer hohen Konzentration sind wir noch weit entfernt, aber wenn wir so weitermachen, ist es nur eine Frage, wann wir bedenkliche Werte erreichen“, erklärt Janna Kuhlmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Mehr als 68 Tonnen TFA regnen im Jahr herab

Im Trinkwasser werden regelmäßig Messungen durchgeführt. Eine Konzentration von 60 Mikrogramm pro Liter ist in Deutschland die Obergrenze für den TFA-Gehalt. In anderen Länder sieht das anders aus. In den Niederlanden liegt die Obergrenze schon bei 2,2 Mikrogramm. Dort warnen Trinkwasserversorger vor der PFAS-Verschmutzung und haben sich bereits an deutsche Behörden gewandt.

Die Industrie verarbeitet PFAS, diese bauen sich ab und bilden TFA. Über Industrieanlagen gelangen sie in die Flüsse. Auch über PFAS-Pestizide werden sie in den Boden gespült oder über Produkte, die im Abfall und auf Müllhalden landen, kommen sie ebenfalls wieder in den Kreislauf. Zusätzlich werden sie über die Luft verteilt, denn die kleinen Moleküle gelangen leicht in die Atmosphäre. Mehr als 68 Tonnen TFA regnen jedes Jahr über Deutschland herunter (das ergab eine Untersuchung aus dem Jahr 2018). Für die kleinen Moleküle ist es leicht, sich zu verbreiten.

© pixabay

Verbot gefordert

Auch wenn das Bundesamt für Risikobewertung erklärt: „Derzeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen durch TFA nicht zu erwarten, wenn mit TFA belastetes Wasser oder Nahrungsmittel verzehrt werden“, fordern Wissenschaftler und der BUND einen deutlich vorsichtigeren Umgang mit diesen Substanzen und gehen noch weiter. „Wir müssen darauf hinwirken, dass es ein Verbot gibt. Auch Bürger sollten sich an Politiker wenden, denn der Druck muss steigen“, sagt Janna Kuhl­mann vom BUND. Deutsche Behörden haben sich bereits auf EU-Ebene für ein umfangreiches Beschränkungsverfahren für die Verwendung von PFAS eingesetzt. Es besteht vom BUND jedoch die Sorge, dass die Industrie ein Verbot torpedieren könne.

Es wird toxikologische Probleme geben

TFA wird vermehrt von Industrieunternehmen freigesetzt. So auch vom Chemiewerk Solvay in Bad Wimpfen im Kreis Heilbronn. Das Unternehmen produziert Lötflussmittel für Wärmetauscher in Autos, LKW und anderen mobilen oder stationären Anwendungen wie Klimaanlagen. Der Bedarf dieser Produkte hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Solvay  leitet seit Jahren TFA in den Neckar ein, was behördlich bisher genehmigt ist.

Auch der Chemiker Michael Müller erforscht an der Universität Freiburg die Belastung durch TFA im Allgemeinen und befürchtet, dass es in der Zukunft Probleme geben werde. Wenn PFAS weiterhin in dem Maß wie bisher oder sogar noch gesteigert verwendet werden, entsteht immer mehr TFA. „Wir werden toxikologische Probleme bekommen. Die Frage ist nur wann und in welchem Ausmaß“, mahnte Müller bereits im Juli diesen Jahres in der Tagesschau.

Verbraucher müssen auf die Politik vertrauen und können selbst wenig tun. Jedoch können sie zumindest darauf achten, das sie Produkte kaufen, die keine PFAS, manchmal auch  PFC genannt, enthalten. „Eine App (Toxfox-App) kann helfen, mit einem Barcode die Inhalte der Produkte zu prüfen“, ergänzt Kuhlmann.

Tipps & Wissenswertes:

Trifluoressigsäure (TFA) ist eine synthetische chemi­sche Verbindung und der kleinste Vertreter aus der Stoffgruppe der Perfluorcarbonsäuren. Sie ist das perfluorierte Derivat der Essigsäure, d. h., dass alle drei Wasserstoffatome der Methyl­gruppe durch Fluor­atome ersetzt sind. TFA wird u.a. als Lösemittel für Pro­te­ine und als Reagenz für chemi­sche Prozesse eingesetzt.

Toxfox-App: Per Barcode können Produkte gescannt werden und der Verbaucher erhält Informationen über die Inhaltsstoffe. So lässt sich herausfinden, ob das Produkt PFAS oder PFC enthält und TFA bilden kann.

 

Strukturformel von Trifluoressigsäure

Infos über PFAS und TFA über