Streuobstwiesen: Wo Obstpflücken erlaubt ist und was verboten bleibt

01.10.2023

Herbst ist Erntezeit. Überall hängen reife Äpfel, Birnen und Pflaumen am Baum. Doch darf man sie einfach pflücken oder kann man eine Pflückerlaubnis für Bäume bekommen?

Streuobstwiesen mit hochstämmigen Obstbäumen sind die traditionelle Form des Obstbaus in Baden-Württemberg und prägen vielerorts das Landschaftsbild. „Auch in der Großstadt Stuttgart finden sich klassische Streuobstwiesen mit vielen großen alten Apfel- und Birnbäumen“, bestätigt Jochen Berger, Mitarbeiter der Streuobstfachstelle der Naturschutzbehörde. Insbesondere auf den Fildern um Plieningen und Möhringen sind größere Streuobstbestände erhalten. Aber auch im Stuttgarter Norden gibt es sie bei Stammheim und im Naturschutzgebiet Greutterwald in Weilimdorf. Doch einfach eine Frucht vom Baum pflücken darf man nicht. „Der Begriff des „Mundraubs“, das heißt, dass kleinere Mengen an Obst oder Früchten ohne Strafe geerntet oder gesammelt werden dürfen, geistert leider noch immer durch die Köpfe“, sagt Berger. Diese Rechtsauslegung ist aber veraltet. Mundraub ist – so hart es klingt – nichts anderes als Diebstahl.

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Erlaubnis zum Ernten

 Es gibt aber doch eine Chance, von den reifen Früchten zu naschen. So zum Beispiel in Ostfildern. Dort darf man seit drei Jahren kostenlos Obst ernten, jedoch mit einer Erlaubnis. Auf einer interaktiven Karte kann man online eine Ernteerlaubnis für bestimmte Bäume einholen. Wer keinen ganzen Baum abernten möchte, kann auch einen der „Obstbäume für alle“ wählen und einfach nur eine kleine Menge pfücken. „Damit möglichst viele in den Genuss kommen, sollte jeder nur so viel vom Baum ernten, wie er direkt essen will oder in einem kleinen Korb nach Hause tragen kann“, sagt Dominique Wehrle, Pressesprecher der Stadt Ostfildern. Alle Bäume sind auf der Website von Ostfildern unter der Rubrik „Obstvergabe“ zu finden. So verkommen möglichst wenig Früchte.

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Ein ähnliches Angebot gibt es beispielsweise auch über das Grünflächenamt der Stadt Esslingen. Einige Kommunen nehmen auch an der Aktion „Gelbes Band“ teil. Die Bäume, die mit diesem Band markiert sind, können von den Bürgern abgeerntet werden. Auf einer Streuobstwiesenbörse des Vereins Schwäbisches Streuobstparadies werden ebenfalls Bäume kostenlos zum Ernten aufgelistet.

Bedeutung der Streuobstwiesen

Die Funktionen der Streuobstwiesen für Mensch und Umwelt sind vielfältig. Sie sind zwar an erster Stelle Lieferant für Obst, aber bieten gleichzeitig auch Viehfutter und Brennholz. Außerdem sind die Streuobstbestände schon immer wichtiger Lebensraum und Rückzugsort für viele Pflanzen und Tiere. Streuobstwiesen gelten als einer der artenreichsten Lebensräume nördlich der Alpen und leisten damit einen erheblichen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Gleichzeitig sorgen sie als Frischluftschneisen für ein gutes, ausgeglichenes Stadtklima und sind auch als Naherholungsgebiet sehr attraktiv.

Streuobst der Schwäbischen Alb

Neben den Streuobstflächen rund um Stuttgart findet man diese typische Kulturlandschaft vor allem auch auf der Schwäbischen Alb. Die Streuobstwiesen zwischen Alb und Neckar bilden mit rund 26.000 Hektar sogar eine der größten zusammenhängenden Streuobstlandschaften Europas. „Diese jahrhundertealte Landschaft ist ein besonderer Kulturschatz und verfügt mit ihrer Sortenvielfalt über eine enorme Anzahl an Brennereien und Mostereien, Lehrpfaden, Obstfesten, Museen, Herstellern für Streuobstfachbedarf und vieles mehr“, erklärt Lisa Müller, Assitentin der Geschäftsleitung des Schwäbischen Streuobstparadieses. Das übergeordnete Ziel des Vereins Schwäbisches Streuobstparadies ist der Erhalt und die Vermarktung der größten zusammenhängenden Streuobstlandschaft Mitteleuropas. „Wir nutzen hierzu die vielen bestehenden Kompetenzen, Netzwerke und Aktivitäten“, sagt Müller. Neben vielen Veranstaltungen gehören auch touristische Aktionen wie die Streuobstroute durch die Landkreise zu den Angeboten.

Streuobstwiesen hautnah erleben

Ein Angebot für Schulklassen zum Thema Streuobstwiese gibt es im Bereich Umweltbildung des Amts für Umweltschutz Stuttgart. Unter Anleitung erfahrener Streuobstpädagoginnen und Streuobstpädagogen können Grundschulkinder diesen wertvollen und schützenswerten Lebensraum mit allen Sinnen erleben und erforschen. https://www.stuttgart.de/streuobstwiesen

Streuobstwiesenlehrgarten Katharinenlinde Esslingen

Der Streuobstlehrgarten des städtischen Grünflächenamtes informiert anhand von Schautafeln und Objekten vor Ort über Fragen des Streuobstbaus. Etwas unterhalb der Katharinenlinde an einer Wegkreuzung befindet sich der städtische Obst- und Naturlehrgarten. Gollenstraße, Esslingen

Infos zu Streuobstangeboten