Es gibt sie noch, inhabergeführte Geschäfte, die mit viel Herzblut und Liebe ein ausgesuchtes Angebot zusammenstellen und mit Beratung und Know How einen deutlichen Mehrwert bieten. Wir waren bei Schüttgut zu Besuch, erster Unverpacktladen überhaupt in der Region Stuttgart.

Lebensmittelverwendung statt -verschwendung

Bei uns finden Sie Lebensmittel ohne Verpackung, aus nachhaltiger und regionaler Produktion. Unsere Kriterien sind ökologisch, bio, fair, regional, saisonal und unverpackt“, beschreibt Jens-Peter Wedlich sein Geschäft im Stuttgarter Westen. Dass der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann, der sich früher mal mit Chemie und Schwerölhandel beschäftigt hat, vor acht Jahren den ersten Unverpackt-Laden in der Region Stuttgart gründete, lag an einer Sinnkrise, erzählt er.

Er suchte ein Engagement im Umweltschutz und fand es bei Greenpeace, wo er sich aktiv für Meere eingesetzt hat. „Meine Vision ist, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Wertschätzung und gute Nahrungsmittel unter einen Hut zu bringen.“ Schon zwei Jahre vor der Eröffnung von „Schüttgut“ beschäftigte er sich mit dem Thema und zählt zu den Pionieren der Szene.

Schüttgut BIO+ & unverpackt
Vogelsangstraße 51, S-West, schuettgut-stuttgart.de

Anfahrt, vvs und mehr

Mann steht vor einem Ladengeschäft und lächelt in die Kamera. Er leht sich an die Fassade des Gebäudes.

Regional, saisonal, bio und mehr

Verschiedene Seifenblöcke werden in großen Glasbehältern gelagert.

Als 2016 „Schüttgut“ eröffnete, gab es 300 Produkte zu kaufen. Heute stehen und liegen in den Regalen des 53 Quadratmeter großen Ladengeschäfts rund 1.100 Produkte. Zu den klassischen Lebensmitteln wie Teigwaren, Getreide, Gewürze, Nüsse, Süßigkeiten und Knabbereien, Tee und Kaffee, die zwei ganze Wände mit großen Schütten füllen, gibt es Obst und Gemüse, Backwaren, Öle und Essig, Getränke, Brotaufstriche, Molkereiprodukte und Eier.

Was es nicht lose zu kaufen gibt und in mitgebrachte Gefäße abgefüllt wird, wird in Mehrweggläsern angeboten. Für den ehemaligen Chemiespezialisten sind Reinigungsmittel, Drogerieartikel und Kosmetik ohne Verpackung eine besondere Herausforderung. Um eine Verkeimung bei Duschgelen zu verhindern, müssen sie ohne Flüssigkeit hergestellt werden, deshalb gibt es statt Bodylotion eine Bodybutter, die auf der Haut schmilzt und anstatt Zahnpasta Tabletten, die im Mund in Verbindung mit Wasser die Zähne sauber machen. Ein kleines Sortiment praktischer und schöner Dinge für den Haushalt rundet das Einkaufserlebnis ab.

Noch mehr Einblicke in Inhabergeführte Geschäfte gibt es hier:

  • E+E Fachmarkt Kinderspielzeug hier
  • Boys & Girls Kinderschuhe hier
  • Buchstäbchen Kinderbuchladen hier
  • Jacky Baby- und Kindermoden hier
  • Schreinerei Röthenbacher hier
  • Schreib- und Spielwaren Michael Ehinger hier 
  • Beck Spielwaren GmbH hier

Kreislauf statt Einweg

Eine Mann und eine Frau stehen Arm in Arm vor einem Supermarktregal mit unverpacken Lebensmitteln.

Seine Lieferanten wählt Wedlich nicht zufällig aus, zu jedem einzelnen Produkt kennt er eine Geschichte. Der Schokoladenlieferant zahlt den mehrfachen Fairtrade-Lohn und leistet damit Hilfe zur Selbsthilfe vor Ort. Der Reinigungsmittelhersteller kommt vom Bodensee und weil es eine Stiftung ist, wird keine Gewinnmaximierung angestrebt, sondern Umwelt- und Naturschutz.

Wedlich will auch bei den Lieferanten ein Umdenken erreichen. Mit viel Überzeugungsarbeit hat er es geschafft, dass ein Kreislaufsystem eingeführt wird: Gläser werden zurückgegeben, gespült und neu befüllt. Der Nudellieferant liefert teilweise die lose Ware nur in Papiersäcken und Kartons an und verwendet keine Folien oder Plastikbeschichtungen mehr. „Mit unserem Angebot haben wir mittlerweile ein Stückweit die Nahversorgung im Kiez übernommen“, sagt Wedlich, „weil leider viele Unverpacktläden schließen mussten, kommen Kunden sogar von weiter her, bis zu einem Umkreis von 40 Kilometern.“ Weil sie ganze Monatseinkäufe machten, lohne sich die Anfahrt.

Unverpackte Lebensmittel waren Jens-Peter Wedlich nicht genug. Er hat sich mit den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen der UN (SDG) auseinandergesetzt und geprüft, wo „Schüttgut“ schon einen Beitrag dazu leistet oder künftig leisten kann. Heraus kam die eigene Marke „Bio+ “. „Wir haben zu jedem der UN-Ziele mindestens eine Aktion, die in unserem Rahmen möglich ist. Einen 18. Punkt haben wir noch zusätzlich hinzugefügt: Glücklichkeit, Sicherheit und Zufriedenheit.“

Vor Corona sei das Unverpackt-Konzept auf dem Höhepunkt gewesen. Was dann kam, wurde für den stationären Einzelhandel, vor allem den inhabergeführten zur finanziellen Katastrophe. Die Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Inflation hätten zu starken Umsatzverlusten geführt. Wedlich musste sich von Mitarbeitern trennen, heute steht er mit seiner Frau Claudia allein im Geschäft und sagt, sie würden schon auch gerne einmal wieder in den Urlaub fahren. Dennoch spürt man die Überzeugung und Begeisterung. Man kauft nur so viel ein, wie man wirklich braucht. „Lebensmittelverwendung statt Lebensmittelverschwendung“, ist seine Philosophie. Wer nur zwei Gramm Backpulver braucht, bekommt das bei Schüttgut ohne verwunderte Blicke.