Eine Mutter hält verzweifelt die Hände vors Gesicht, während der Vater im Hintergrund mit dem Baby spielt.
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Postpartale Depression

01.07.2020

Depression – dieses Wort, diese Erkrankung, löst bei vielen immer noch Unbehagen aus.
Dabei ist eine Depression eine Erkrankung der Psyche, so wie eine Grippe eine körperliche Erkrankung ist. Eine Art der Depression ist die, die sich bei Eltern bis etwa einem Jahr nach Schwangerschaft und Geburt entwickeln kann, die sogenannte Postpartale Depression – kurz PPD. Sie betrifft laut Deutscher Depressionshilfe circa 10 bis 15 Prozent der Frauen nach der Geburt. Die Ursachen der PPD sind zum einen das hormonelle Ungleichgewicht und zum anderen lang anhaltender Stress und Ängste. Zudem können bestimmte Faktoren diese begünstigen, etwa wenn in der Familie bereits Depressionen aufgetreten sind oder die Betroffenen selbst einmal eine depressive Erkrankung hatten.

Die PPD kann schleichend auftreten und wird von Betroffenen oftmals erst als Wochenbettverstimmung abgetan. Erst wenn die gedrückte Stimmung länger anhält, werden manche Betroffene oder Angehörige hellhörig. Denn die Symptome einer PPD sind mannigfaltig: Betroffene fühlen sich matt, abgeschlagen, haben keine Lust auf nichts und fühlen sich freudlos. Die Beschwerden können zudem von körperlicher Kraftlosigkeit, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, bis hin zu innerer Unruhe und Gleichgültigkeit reichen.
„Wenn diese Symptome länger als 14 Tage anhalten, egal was die Betroffenen unternehmen, sollte man eine Postpartale Depression in Betracht ziehen“, erklärt die psychologische Beraterin Angelika Effmert. In ihrer Beratung behandelt sie unter anderem das Thema der postpartalen Depression. Diese kennt Effmert auch aus eigenen leidvollen Erfahrungen und kann sich dadurch sehr gut in die Situation der Betroffenen hineinversetzen. „Je früher eine PPD diagnostiziert wird, umso schneller können Maßnahmen eingeleitet werden.“

Aufklärung hilft

„Durch die positiven Strömungen, die eine Schwangerschaft natürlich auch ausmacht, verlieren viele die negativen Themen, wie etwa mögliche Erkrankungen, aus den Augen“, äußert sich Effmert besorgt. Daher plädiert sie dafür, dass in der Schwangerschaftsvorsorge auch diese besprochen werden. Nur so können Leidtragende überhaupt merken, was mit ihnen passiert.
„Viele Betroffene machen sich Vorwürfe und trauen sich nicht, offen über ihre Gedanken und Gefühle zu sprechen. Ihnen ist nicht klar, dass dies Symptome einer Erkrankung sind, sondern sie glauben, mit ihnen selbst stimmt etwas nicht.“ Dabei sind Gedanken wie etwa der Wunsch nach Selbstverletzung oder Bestrafung oder auch Gewalt gegenüber Partner und Kind im Zuge einer PPD normal. Viele Betroffenen berichten davon und sie fühlen sich erleichtert, wenn sie sich einer neutralen Person anvertrauen können. „Bei Familie und Freunden haben manche noch eine Hemmschwelle, sich wirklich zu öffnen. Daher ist es gut, wenn man sich geeignete objektivere Ansprechpartner, wie etwa eine psychologische Beratung, sucht.“

Einer weinenden Frau wird eine helfende Hand entgegen gestreckt.

Betroffen, was tun?

Wer die Befürchtung hat, an einer PPD zu leiden, kann im Internet anonym einen anerkannten Selbsttest von geeigneten Institutionen machen, etwa der Stiftung Deutsche Depressionshilfe oder dem Verein Schatten & Licht e.V. (siehe Infobox). Solche Tests können eine Tendenz anzeigen – wenn man die Fragen wahrheitsgetreu beantwortet. Je nach Resultat haben Betroffene die Möglichkeit, sich auf den Webseiten direkt einen geeigneten Ansprechpartner zu suchen, um die Befürchtung abzuklären. Alternativ können Betroffene sich an den vertrauten Hausarzt oder an die gynäkologische Praxis wenden.

Wichtig ist es, sich jemandem anzuvertrauen, denn die PPD wird von allein nicht ausheilen. Die Beschwerden klingen zwar ab, aber die psychische Erkrankung kann wieder ausbrechen. Daher ist es empfehlenswert, sich bereits bei der ersten Befürchtung an einen empathischen Ansprechpartner zu wenden und eine mögliche PPD abklären zu lassen. Denn – auch wenn es sich vielleicht so anfühlt – keiner ist mit einer Depression allein, sondern es gibt viele Personen im direkten Umfeld, die Verständnis haben und helfen können.

Vorsorge treffen

Jeder geht ganz nach eigenen Kräften und Lebenssituation mit der psychischen Erkrankung um. Manchen hilft es, sich bereits für den möglichen Fall zu rüsten.

Einige Tipps, wie das gehen kann, gibt Angelika Effmert:
• Stellen Sie sich selbst in den Mittelpunkt, seien Sie offen für Ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche. Nehmen Sie diese ernst und sorgen Sie auch für sich selbst. Sie sind gute Eltern und Sie dürfen auch auf sich selbst Acht geben. Denn Achtsamkeit sich selbst gegenüber ist wiederum positiv für die Familie und die Kinder.
• Sorgen Sie für einen kleinen Rückzugsort in Ihrem Wohnraum, z. B. eine kleine Nische. Richten Sie diese gemütlich und einladend ein. Das ist Ihr Ruheraum, wenn Sie hier sind, werden sie nicht gestört. Hier können sie meditieren, nachdenken, ein Buch lesen oder Musik hören – alles, was Ihnen guttut und Ihren Akku wieder auflädt! Üben Sie das bereits vor der Schwangerschaft, in der Schwangerschaft und nach der Geburt. Dann fällt es Ihnen leichter, den Rückzug in Stresssituationen umzusetzen.
• Verdeutlichen Sie sich, was Ihnen guttut und was nicht. Alles, was Ihnen guttut, ist ein Werkzeug, das Ihnen in schlechten Zeiten helfen kann. Je nach nötigem Aufwand können Sie diese unterteilen und es an Ihr Energielevel anpassen. Das kann alles sein, von Fingernägeln lackieren bis hin zu Pflanzen gießen, Buch lesen, laut singen, Lieder anhören oder im Internet surfen. Nutzen Sie diese Dinge, um sich in schwierigen Zeiten selbst etwas Gutes zu tun.
• Spannen Sie ein weitreichendes Netzwerk, um in schwierigen Zeiten aufgefangen zu werden. Das können Familienmitglieder sein, Freunde, aber auch externe Ansprechpartner, wie psychologische Beraterinnen oder Seelsorger bei anonymeren Hilfsstellen. Das ist Ihr Sicherheitsnetz, das Sie auffängt.

Tipps & Wissenswertes in Kürze

Informationen rund um Depression und psychische Erkrankungen:
- Ansprechpartner: Schatten & Licht e. V., www.schatten-und-licht.de/index.php/de/
- Stiftung Deutsche Depressionshilfe, www.deutsche-depressionshilfe.de/start
- Telefon-Seelsorge: Kostenlose Anrufe über: 0800/111 0 111, 0800/111 0 222, 116 123, Per Mail und Chat über die Website www.telefonseelsorge.de/
- Angelika Effmert, Psychologische Beratung, Schafackerweg 3/1, Winterbach, T.: 01726212851, E-Mail: info@angelika-effmert.de

Online Selbsttests:
- www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/selbsttest-offline
Diesen Selbsttest können Sie anonym online ausfüllen und auswerten lassen.
- www.schatten-und-licht.de/index.php/de/
Unter dem Menüpunkt Selbsteinschätzungstest können Sie den Test anonym als PDF öffnen. 
- www.postnatale-depression.ch/de/selbsttest.html
Der Verein Postnatale Depression Schweiz stellt den Selbsttest online oder als PDF zum Download zur Verfügung.