Das Bild zeigt zwei Kinder in Nahaufnahme, die in einem Haus an einem Tisch sitzen und außerschulisch Lernen oder ihre Hausaufgaben zusammen machen.
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Lerninhalte vertiefen

01.02.2021

Egal ob es um Vokabeln lernen, Schönschreibe­Übungen oder das Auswendiglernen von Einmaleins-Reihen geht – manchmal müssen Kinder auch nach der Schule noch  weiter büffeln. Momentan gibt es außerdem viele Schüler, die nach dem schulischen Lockdown im Frühjahr Lücken zu füllen haben, um auf den Stand des Regelunterrichtes zu kommen. Doch was hilft Schülern wirklich dabei, den Unterrichtsstoff aufzuarbeiten und zu vertiefen? Und wer sollte sie dabei idealerweise unterstützen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, außerhalb des Unterrichts zu lernen. Darum sollte für jedes Kind die für seine individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse beste Lösung gefunden werden.

Hausaufgaben

Die lieben Hausaufgaben sind in vielen Familien ein Reizthema. Sie führen häufig zu familiären Konflikten, weil Eltern es als ihre Aufgabe ansehen, sich nachmittags mit ihren Kindern hinzusetzen, um die Hausaufgaben zu erledigen. Die Kinder dagegen sind ausgepowert von der Schule und haben oft keine Lust mehr auf Lernen, schon gar nicht mit Mama oder Papa. Tatsächlich führt die elterliche Hilfe nicht unbedingt zu besseren Schulleistungen. Zu diesem Schluss kommen Bildungsforscher aus Deutschland und der Schweiz, die Schüler und Eltern über einen längeren Zeitraum befragt haben.

„Es macht einen großen Unterschied, ob Kinder die Unterstützung der Eltern als Hilfe oder als unliebsame Einmischung und Kontrolle empfinden“, erklärt Sandra Maroni von der Pädagogischen Hochschule Bern, die an der Studie mitwirkte. Sie beobachtete auch, dass „Eltern oft verstärkt eingreifen, wenn die Leistungen ihrer Kindern nachlassen“, was den Kindern signalisiere, dass sie gute Leistungen nicht alleine erreichen können und sie doppelt frustriere.

Auch Dr. Frank Lipowsky vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung kommt aufgrund seiner Studien zu dem Schluss, dass es sehr auf die Art der Unterstützung durch die Eltern ankomme, ob Hausaufgaben sich effektiv auf den Lernerfolg der Kinder auswirken. „Direkte Formen elterlichen Engagements wirken sich eher negativ auf die Leistungsentwicklung der Schüler aus“, erklärt Lipowsky und rät dazu, dass die „elterliche Unterstützung eher sparsam und zurückhaltend erfolgen sollte“.

Konkret bedeutet dies, dass Eltern eine ruhige und angenehme Arbeitsatmosphäre schaffen und für einen ordentlichen Arbeitsplatz sorgen sollten. „Auch ein geregelter Tagesablauf, in dem die Hausaufgaben ihren festen Patz haben, dürfte die Kinder bei einem effektiven Zeitmanagement unterstützen“, so Lipowsky. Inhaltlich sollten die Eltern nach dem „Prinzip der minimalen Hilfe“ vorgehen und kleine Denkanstöße geben anstatt fertige Lösungswege. Wichtig sei „den Kindern die Gelegenheit zu geben, die Hausaufgaben selbst zu lösen“, betont der Wissenschaftler. Denn nur so werden Selbstwertgefühl und Selbständigkeit gefördert, was die besten Grundlagen für den Lernerfolg sind.

 

Weitere Infos unter:

- Aktion Bildungsinformation e.V.: www.abi-ev.de
- Chancenwerk: www.chancenwerk.de

Nachhilfe

Wenn die Leistungen der Kinder sich verschlechtern und die Lücken immer größer werden, sehen viele Eltern die Lösung in einer privaten Nachhilfe. Immer mehr Grundschüler bekommen laut einer Studie der Universität Bielefeld privat finanzierten Zusatzunterricht. Sie fanden heraus, dass ganze 14 Prozent aller Schülerinnen und Schüler der vierten Jahrgangsstufe zur Nachhilfe gehen. „Der Wettlauf um die besten Zensuren, Übergangschancen und Bildungsabschlüsse beginnt inzwischen in der Grundschule“, erklärt der Sozialwissenschaftler, Professor Klaus Hurrelmann, der maßgeblich an der Bielefelder Studie beteiligt war. 

Doch wann ist Nachhilfe tatsächlich notwendig und sinnvoll? Die Aktion Bildungsinformation e.V. (ABI) in Stuttgart empfiehlt dringend, „bei Schulschwierigkeiten zunächst ein Gespräch mit dem Klassenlehrer zu suchen, um die Ursache der Leistungsschwäche des Schülers zu beleuchten“.  Denn die schlechten schulischen Leistungen können auch ein Anzeichen für andere Schwierigkeiten sein, bei denen Nachhilfe nicht nützlich ist. Dies können Probleme in der Familie ebenso wie Hochbegabung, ADHS, Legasthenie und Rechenschwäche sein, die andere Therapien benötigen.

Wer sich für eine Nachhilfe entscheidet, hat grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten: Natürlich können die Eltern die Nachhilfe selbst geben, doch nach den Erfahrungen der ABI sind „die eigenen Eltern oft die schlechtesten Nachhilfelehrer“. Das emotionale Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern wirke sich bei Eigennachhilfe „nicht förderlich, sondern eher hemmend aus“, warnt die ABI. Eine externe Einzelnachhilfe dagegen werde ganz wesentlich bestimmt durch eine von vornherein vorhandenen Fremdautorität einer außerfamiliären Person, was sich positiv auf die Motivation des Schülers auswirke.

Die ABI rät jedoch zu einer Gruppennachhilfe, die für Eltern und Kinder „eher den Charakter einer Arbeitsgemeinschaft hat“. Außerdem profitiere der einzelne Schüler von der größeren Vielfalt der in der Gruppe besprochenen Probleme.

Bei der Wahl eines passenden Instituts rät die ABI dringend auf folgende Punkte zu achten: Für eine individuelle Förderung sollte die Gruppe nicht größer als fünf bis maximal zehn Schüler sein und in Hinblick auf Alter, Fach und Schulart homogen sein. Und natürlich sollte das Lehrpersonal qualifiziert sein und in ruhigen, geeigneten Räumen unterrichten. Den Kontakt zwischen Nachhilfelehrer und Schule des Kindes hält die ABI für besonders wichtig, weil der Nachhilfelehrer durch den Austausch mit der Schule zum einen wichtige Informationen erhalten kann und zum anderen indirekt kontrolliert wird.

Mit anderen Schülern lernen

Eine andere, vielversprechende Alternative sind Lernpaten, die sich um jüngere Schüler mit Lernschwierigkeiten kümmern. So beispielsweise in der Schloss-Realschule in Stuttgart, wo Schüler der Klassen neun und zehn Fünft- und Sechstklässlern in Mathe, Deutsch oder Englisch helfen. Auch andere Stuttgarter Schulen haben sich dem Programm des Bildungsvereins Chancenwerk angeschlossen, der bundesweit an über 90 Kooperationsschulen tätig wird. Der gemeinnützige Verein unterstützt die älteren Schüler mit einem wöchentlich stattfindenden Intensivkurs und individuellem Lernmaterial. So sollen „immer mehr Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland eine echte Chance auf eine erfolgreiche Bildungslaufbahn und verbesserte Lebensperspektiven bekommen“. Tatsächlich hat der Verein in den 16 Jahren seit seiner Gründung die Erfahrung gemacht, dass sowohl die jüngeren als auch die älteren Schüler optimal gegenseitig von einander profitieren können. Denn nicht nur die jüngeren Schüler erhalten unter Aufsicht von Studierenden Lernförderung durch ältere Schüler, auch die älteren Schüler werden in diesem Programm kostenlos durch Studierende in einem Fach ihrer Wahl gefördert.