Ein kleiner Junge sitzt für eine Zahnuntersuchung auf einem Stuhl beim Zahnarzt und hat seinen Mund weit geöffnet. Der Zahnarzt neben ihm sieht sich seine Zähne an.
Zahnuntersuchung (©AOK Mediaservice)

Kreidezähne – Eine neue Volkskrankheit?

01.03.2020

Moderne Zahnleiden bringen immer mehr Kinder in die Zahnarztpraxen – die sogenannten Kreidezähne (MIH Molaren-Intensiven-Hypomineralisation). Diese Zähne sind kalkweiß und gelb-braun verfärbt. Der Zahnschmelz ist zu weich, reißt auf und bröckelt sogar manchmal beim Kauen ab. Daran leiden 10 bis 15 Prozent aller Kinder in Deutschland. Bei den 12-Jährigen liegt die Quote sogar bei 30 Prozent. Mediziner und Medien sprechen bereits von einer neuen Volkskrankheit.

Die Ursachen dafür sind bisher nicht bekannt. Zahnmediziner gehen von einem Zusammenspiel mehrerer ungünstiger Faktoren aus: Infektionserkrankungen, Medikamente, Dioxine oder auch die Weichmacher in den Kunststoffen. Das Schlimmste daran ist, Eltern können dagegen nichts tun. Einen kleinen Trost gibt es für Kinder ab sechs Jahre. Bei ihnen ist die Mineralisation der Zähne meist abgeschlossen. Haben sie bis dahin keine Kreidezähne, werden sie wahrscheinlich auch keine bekommen. Luftballon hat mit Dr. Christina Meller von der Praxis Schlauzahn in Waiblingen über Kreidezähne gesprochen.

Frau Dr. Meller, warum bekommen so viele Kinder Kreidezähne?

Die Ursachen, die für die Störung der schmelzbildenen Zellen verantwortlich sind, sind leider noch nicht abschließend geklärt. Es werden nach wie vor sowohl prä-, peri- und postnatale Einflüsse für möglich gehalten. Das könnten etwa gesundheitliche Probleme der Mutter im letzten Schwangerschaftsdrittel oder Komplikationen bei der Geburt sein. Nach der Geburt können häufige Atemwegserkrankungen wie zum Beispiel Bronchitis, Asthma und gehäufte Antibiotika-Einnahmen dafür verantwortlich sein. Auch werden Umweltgifte wie Bisphenol A und Polychloriertes Biphenyl diskutiert.

Eltern haben oft Sorgen, dass sie bei der Pflege oder bei der Ernährung etwas falsch gemacht haben. Ist es so?

Ganz klar nein.

Worauf können Eltern achten, um den Kreidezähnen vorzubeugen?

Solange man nicht weiß, was für die Krankheit verantwortlich ist, ist natürlich auch die Vorbeugung schwierig. Zum Beispiel könnte aber die Vermeidung von Plastikfläschchen, -spielzeug und -kleidung sinnvoll sein.

Wie sollten sich Eltern verhalten, wenn Kinder die Kreidezähne schon haben?

Kreidezähne sind deutlich kariesanfälliger, weil die Schmelzqualität an sich schlechter ist und durch abgebröselten Schmelz auch häufig neue Kariesrisikostellen entstehen. Wichtig sind deswegen die regelmäßigen Kontrollen, mindestens zwei Mal im Jahr und die richtige häusliche und professionelle Prophylaxe.

Das Bild zeigt eine Reihe Kreidezähne in einem Oberkiefer.

Wenn die Milchzähne einmal diese Schmelzbildungsstörung haben, überträgt sich dies dann auch auf die bleibenden Zähne?

Wenn ein Zahn diese Störung hat - egal ob bleibender oder Milchzahn- bleibt es in der Regel so. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen die Milchzähne betroffen sind und die Bleibenden nicht.

Woraus besteht die häusliche und die professionelle Prophylaxe?

Die häusliche Prophylaxe umfasst normales Zähneputzen mit fluoridierter Zahnpasta gemäß den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiz). Also muss die Zahnpasta altersgerecht sein: für Kinder zwischen null und zwei Jahren, zwischen zwei und sechs Jahren und ab sechs Jahren. Die Anwendung von Zahnseide und die Vermeidung hochfrequenter Kohlenhydratzufuhr durch Süßigkeiten oder süße Getränke sind ebenfalls wichtig. In der professionellen Prophylaxe werden entsprechend dem Kariesrisiko Maßnahmen wie Zahnreinigung, Fluorid- oder Chlorhexidinlacke, sowie Fissurenversiegelungen angewendet.