Kikeriki und Mäh - Der Stadtteilbauernhof in Bad Cannstatt

07.09.2015

Draußen zu sein, sich zu bewegen und vielfältige Sinneserfahrungen in der Natur zu machen – das sind für Kinder elementare Grundbedürfnisse. In der Großstadt ist das freie Spielen in der Natur jedoch nur bedingt möglich. In vielen Stadtgebieten dominieren Autoverkehr und zugebaute Flächen das Bild und auch vorgeformte Spielplätze lassen häufig nur wenige Erlebnisvarianten zu. Die ganzjährig geöffneten Abenteuer- und Aktivspielplätze und Jugendfarmen, die in Stuttgart  eine lange Tradition haben, bieten Stadtkindern daher unschätzbare Naturerfahrungen und Spielmöglichkeiten. In den vergangen Jahren haben wir diese Plätze in Stuttgart und Region besucht und uns vor Ort selbst ein Bild gemacht.

Hier findet ihr den Bericht über den Stadtteilbauernhof in Bad Cannstatt aus dem Jahr 2014.

Tiere in der Stadt gibt es nicht nur in der Wilhelma. Der 1996 gegründete Stadtteilbauernhof zeigt Kindern und Jugendlichen landwirtschaftliche Zusammenhänge und bietet darüber hinaus viel Platz zum Spielen und Toben. In Teil 2 unserer Reihe zu Aktivspielplätzen und Jugendfarmen in Stuttgart haben wir im dicht besiedelten Cannstatt echtes Bauernhoffeeling gefunden.

Eine Gruppe Gänse watschelt durch einen Wald.
© Pixabay

Neben den Gebäuden des Klinikums Stuttgart, im Gebiet Espan, finde ich, etwas verborgen in einer Sackgasse gelegen, den Stadtteilbauernhof Cannstatt. Ein altes denkmalgeschütztes Hofgebäude, das früher zum Versorgungsbauernhof der amerikanischen Streitkräfte gehörte, erstreckt sich über einen kleinen Hügel. Davor liegt eine Wiese mit Obstbäumen und ein großer Gemüsegarten. Dahinter befinden sich mehrere Koppeln.

Die Schafe sonnen sich in der Frühlingssonne. Es sind Skudden, die auf der Liste der bedrohten Tierrassen stehen. Sie sind schwanger und so wird es in den nächsten Monaten, wenn alles gut geht, Lämmchen geben. Kaninchen und Hasen hoppeln umher und die Pferde des Hofs haben auf der Koppel ihren Auslauf. „Daneben gehören auch Ziegen, Enten und Bienen zum Hof und in diesem Frühjahr kommen wieder Hühner dazu“, erzählt mir Ute Cüppers, die Sozialpädagogin der Einrichtung, beim Rundgang. „Die alten hat alle der Marder geholt“. Weitere Weide- und Ackerflächen schließen sich an das weitläufige Gelände an.

Ein Pferd grast auf der Weide.

Auf dem Hof mit anpacken und Tiere kennenlernen

Der Stadtteilbauernhof ist eine Kombination aus Jugendfarm und Bauernhof. Ein Schülerhort gehört ebenfalls dazu. Mit einigen Schulen im Stadtteil gibt es eine Zusammenarbeit, zum Beispiel wenn es um den Themenbereich „vom Korn zum Brot“ geht. „Dann wird hier eigenhändig Mehl gemahlen, Teig geknetet und im Holzbackofen Brot gebacken“, erzählt Cüppers. Daneben richtet sich das offene Angebot des Hofs an Kinder im Alter zwischen sechs und 15 Jahren. Die Tiere des Hofs versorgen, mit dem Traktor das Heu einholen, die Pferde einspannen, eggen und pflügen sind einige der Tätigkeiten, die die Kinder auf dem Hof erleben können. Wer mag, kann bei allen anstehenden Arbeiten auf dem Hof mit anpacken: im Garten ein Beet anlegen, Bäume schneiden, einen Stall für die Hühner bauen und vieles mehr.

Mehrere Kinder sitzen um ein Feuer und grillen Stockbrot

„City-Farm“

„Neben dem offenen Angebot für die Kinder will der Stadtteilbauernhof in Zukunft auch verstärkt die ganze Familie mit einbeziehen“, so Cüppers. „Im April starten wir daher mit unseren offenen Hoftagen“. Immer samstags von 14 – 17 Uhr gibt es ein wechselndes Programm von Backtagen über Ponyreiten bis hin zum Märchen erzählen. An diesen Tagen wird auch ein kleiner Hofladen geöffnet sein, der beim Besichtigungstermin noch im Umbau war und in dem selbst Erwirtschaftetes, wie Marmelade und allerlei Eingelegtes, erstanden werden kann.

Jedes Jahr feiert der Hof das traditionelle Schafschurfest, bei dem die Schafe des Hofs von einem professionellen Schafscherer geschoren werden. Dann dreht sich alles um das Thema Wolle. Die Entwicklung hin zur „City-Farm“, bei der unterschiedliche Altersgruppen und Personenkreise angesprochen werden sollen, ist dabei auch hier dem Umstand geschuldet, dass immer mehr Kinder ihre Nachmittage in der Schule verbringen. „Wir müssen uns zusehends auch neuen Personengruppen öffnen“, berichtet Cüppers.

Ein Schild mit mehreren Pfeilen, die jeweils zu den Bereichen der Tiere Hasen, Schafe, Ziegen, Pferde und Bienen zeigen.

Erfahrungen hat die Einrichtung damit schon. Denn zum Konzept des Bauernhofs gehörte von Anfang an behinderte Menschen mit einzubeziehen. Geistig und körperbehinderte Menschen des angrenzenden Wohnheims der Diakonie Stetten besuchen regelmäßig den Hof und beteiligen sich an den vielfältigen Aktivitäten des Hoflebens - gelebte Integration. Die Diakonie Stetten ist neben dem Verein „Mit Tieren leben“ auch Träger der Einrichtung.

In der Ferienzeit können Kinder ihre Ferientage auf dem Gelände verbringen. Schon legendär ist das Angebot „Die Siedler von Cannstatt“. Bei der mittelalterlichen Kinderspielstadt in den Sommerferien kann man alte Handwerkstechniken ausprobieren und sich als Ritter und Edelfrau verkleiden.

Stadtteilbauernhof -  mit Tieren leben e.V.

In den Wannenäckern 27, Stuttgart, T. 0711-9079718

Der Stadtteilbauernhof online

Für alle Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 15 Jahren. 

Öffnungszeiten: Di bis Fr 14-18 Uhr, Sa 11-18 Uhr, Ferien: Di bis Sa 10-18 Uhr

Besonderheiten: Waldheimferien, Familientage, Hofcafé

Die anderen Berichte der Luftballon Redaktion findet ihr hier:

Reihe Kinderparadiese

Weitere Informationen und Jugendfarmen finden Sie unter:

Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V.