Zwei Lebensgeschichten, die unter die Haut gehen: Wenn man sich mit Uwe Trentsch und Sarah-Isabell Hellriegel-Rodriguez unterhält, wird einem bewusst, dass beide jahrzehntelang kämpfen mussten, bis in ihrem Leben ein wenig Ruhe und Frieden eingekehrt ist. Und sie positiv nach vorne schauen konnten.

Sarah-Isabell Hellriegel-Rodriguez wurde als Kind von einer Person innerhalb ihrer engsten Familie missbraucht. „Dieser Vertrauensverlust und diese massive Gewalt hat vieles zerstört,“, so lautet ihre schlichte Bilanz. Kiffen, saufen, Auszug mit 16 Jahren, extreme Probleme in der Schule waren die Folge. Daheim ging es gewaltvoll zu, gleichzeitig sei sie aber auch extrem christlich behütet aufgewachsen. „Über Familienangelegenheiten spricht man nicht, wurde uns Kindern eingetrichtert.“ Bis sie sich mit 13 Jahren einer Freundin anvertraute, deren Mutter wurde dann zu einer wichtigen Stütze für Sarah-Isabel Hellriegel-Rodriguez. Dank einer sehr engagierten Sozialarbeiterin gelang ihr später die Ablösung vom Elternhaus. Und so fasste sie wieder Fuß in der Gesellschaft und arbeitet heute als Heilpraktikerin für Psychotherapie.

Uwe Trentsch erlebte sexuelle Gewalt in einem Kinderheim. Das Jugendamt  holte ihn ab, da war er  sieben Jahre alt und brachte ihn ins Maxim-Gorki-Kinderheim, weil zuhause Gewalt und Vernachlässigung der Kinder an der Tagesordnung waren. Doch im Heim ging es ihm nicht besser, er wurde von anderen Kindern sexuell missbraucht, von den Betreuern geschlagen. Er glaubte aber an sich, arbeitete als Koch und Küchenchef und ist mittlerweile unter anderem als Psychologischer Berater und Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg tätig. Doch Flashbacks, Panikattacken, Flucht vor der Nähe zu anderen sind Nebenwirkungen, die durch diesen Machtmissbrauch entstanden sind. Den privaten und beruflichen Alltag wieder in den Griff zu bekommen, ist daher eine große Herausforderung für Betroffene.

Uwe Trentsch und Sarah-Isabell Hellriegel-Rodriguez möchten Kinder vor diesem Trauma schützen. Uwe Trentsch: „Was in unserer Gesellschaft fehlt ist, dass man sich Hilfe suchen darf, man das Gefühl hat, man wird wahrgenommen.“ Der Weg, sich in einer Selbsthilfegruppe anderen anzuvertrauen, sei oft langwierig. Beide gehen mit ihrer Lebensgeschichte an die Öffentlichkeit, um bei anderen Vertrauen zu wecken, um die ihrer Meinung nach bisher einseitige, täterlastige und schambesetzte Berichterstattung zu verändern. Aufklärung in Schulen, Aktionstage, Fachberatungsstellen auch für missbrauchte Jungen und Männer, das sind Dinge, die sich die beiden für die Zukunft wünschen. Beide sind unter dem Stichwort „Wir für starke Kinder“ auf den sozialen Medien zu finden und möchten Schutzkonzepte aktiv an Schulen, Vereinen und andere soziale Einrichtungen bringen. „Raus aus der Opferhaltung, den Kreislauf durchbrechen, aktiv zu werden“ - das erhofft sich Sarah-Isabell Hellriegel-Rodriguez für die Betroffenen.

Weitere Infos unter www.uwe-trentsch.de und www. praxis-sansara.de. Hilfe findet man auch auf www.kiss-stuttgart.de und beim Aktionsbündnis gegen sexuelle Gewalt Tour 41, www.tour41.de. Das anonyme Hilfetelefon Sexueller Missbrauch ist erreichbar unter 0800-22 55 530