Eltern fragen, ExpertInnen antworten – Leseförderung

01.03.2021

Elternfrage

„Mein Kind ist in der 3. Klasse, aber immer noch hat es große Mühe beim Lesen. Von sich aus nimmt es kein Buch in die Hand. Wie können wir die Lust am Lesen fördern?“

Expertenantwort

Lesen Sie Ihrem Kind vor! Schon Goethe wusste, dass „Vorlesen die Mutter des Lesens“ sei. Vorlesen ist viel mehr als Zeitvertreib und gute Unterhaltung. Während des Zuhörens werden dieselben Text verarbeitenden Bereiche im Gehirn stimuliert wie beim eigenständigen Lesen. Solange Sie das produktive Lesen übernehmen, entlasten Sie Ihr Kind davon, dies selbst und simultan bewerkstelligen zu müssen. Manche Kinder können das bereits nach ein oder zwei (Schul-)Jahren, bei anderen dauert es bis zu sechs Jahren(!). In der dritten Klasse besteht also noch kein Grund zur Sorge, was Eltern und Kindern viel zu selten vermittelt wird. Deshalb unterstützen Sie Ihr Kind, wenn Sie vorlesen. Je mehr Sie das tun, desto mehr fördern Sie den Aufbau von Strategien, die Sinn- und Textverstehen ermöglichen und übrigens wichtiger sind als lautes Lesen.

Neben dem Vorlesen können die folgenden drei Tipps dazu beitragen, die Leselust Ihres Kindes zu wecken. Vor allem dann, wenn Sie beim Umsetzen mit von der Partie sind!

1. Sind Sie sicher, dass Ihr Kind alle Buchstaben eindeutig kennt und zuordnen kann? Also keine Buchstaben rät, weil es sie spiegelt oder mit ähnlichen Buchstaben verwechselt? Falls nicht, dann spielen Sie mit Ihrem Kind „Buchstabensalat“. Dazu notieren Sie gemeinsam mit Ihrem Kind alle Buchstaben des Alphabets auf Kärtchen (eine Seite Großbuchstaben, andere Kleinbuchstaben), häufige Buchstaben mehrmals.

Die Kärtchen werden nacheinander und einzeln auf den Tisch gelegt und die Kinder dürfen aus dem Buchstabensalat reelle Wörter mit mindestens drei Buchstaben lesen.

Das fördert die Laut-Buchstabenzuordnung und den Wortschatz, die beide zu den Grundvoraussetzungen des Leseerwerbs gehören.

2. Lesen Sie mit Ihrem Kind gemeinsam, wozu Ihr Kind Lust hat. Es ist wichtiger, dass Ihr Kind liest, nicht was es liest. Lust weckt Interesse, dran zu bleiben.

3. Lesen Sie abwechselnd. Ermuntern Sie Ihr Kind, es auch einmal zu versuchen. Will es nicht, respektieren Sie seine Entscheidung und lesen ihm dennoch vor. Oder Sie bieten ihm an, flüsternd mitzulesen. Sie glauben gar nicht, was Ihre Begleitstimme vermag!

Barbara Knieling trägt auf dem Foto ein rotes Shirt und eine bunte Kette mit großen Perlen. Ihre Haare sind kurz und grau und sie trägt eine Brille mit dunklem Rahmen.
©KirstenOborny

Zur Person

Barbara Knieling ist Lese- und Literaturpädagogin (BVL). Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit der Frage, wie Leselust entsteht und Kinder zu kompetenten Leser*innen werden.

www.litpaed.de