Ein Kind entspannt in einer bunten Hängematte.

Eltern im Stress, Kinder trödeln

01.08.2019

Wir Eltern sind Wächter des Kinderalltags. Gefühlt tausend Mal täglich erinnern wir an die Uhrzeit, Termine, Hausaufgaben und Pflichten. Das ist nicht schön und oft nicht einmal hilfreich. Wir haben uns im Namen der Eltern, denen das Trödeln stets in die Quere kommt, von Angelika Reil, Erziehungberaterin an der Psychologischen Beratungsstelle der Evangelischen Kirche in Stuttgart, beraten lassen.

Die häufigsten Trödelvarianten sind wahrscheinlich das Trödeln vor dem Kindergarten, vor dem ins Bett gehen und vor den Hausaufgaben. Je nach Alter natürlich unterschiedlich beliebt. So einfach das Trödeln aussieht, so schwer ist es, dem mit Tricks entgegenzuwirken, scheint es. Denn die Gründe sind individuell, so ein Ergebnis des Gesprächs. Wie bei den meisten Fragen des Kindergroßziehens ist der sicherste Weg, sie zu verstehen. Eltern sollten überlegen, wo ihr Kind steht und warum es trödelt.

Anderes Zeitgefühl

Entwicklungsforscher erklären das Trödeln mit dem etwas anderen Zeitgefühl von Kindern. Für sie zählt allein das Hier und Jetzt. „Bis zum Schulalter können Kinder den Perspektivenwechsel der Eltern gar nicht wahrnehmen, erst ab der zweiten Klasse kann man mit ihnen reden. Davor muss man sie anleiten und einbeziehen, erklärt Reil. „Wir können die Kinder vorbereiten, wenn wir selbst schnell sind und mit dem Kind fantasieren, was als nächstes Schönes kommt. Zum Beispiel: Luise wartet schon auf dich. Ich ziehe meine Schuhe an, zeig mal, wie du dich anziehen kannst.“ Also den Blick auf das Schönere lenken und das Zukünftige attraktiver zeigen.

Protest oder Entschleunigung

Doch bei aller Attraktivität des gemütlichen Bettes fallen den Kindern erfahrungsgemäß abends die schönsten Spiele ein, wichtiges muss beim Spielzeug geregelt werden, auf dem Handy getippt oder am Schminktisch geschmiert werden. Die Erziehungsberaterin gibt einige mögliche Erklärungen für diese dringenden Beschäftigungen. „Wenn Kinder einmal beschäftigt sind, können sie das nicht so schnell beenden, manchmal ist das eine Art Protesthaltung, manchmal ein Versuch zur Entschleunigung. Andere wollen nicht aus der Familiengemeinschaft herausgehen oder sie genießen gerade die Zweisamkeit, die sie mit ihrer Mama haben, wenn die kleineren Geschwister im Bett sind. Wieder andere haben Ängste. Dann müssen Eltern schon mal Monster verjagen oder ein Kleidungsstück von der Mama ins Bett mitgeben.

Konsequenzen spüren lassen

Ganz gleich, was sich die Kinder einfallen lassen, um die Hausaufgaben zu verschieben oder ob sie immer zu spät kommen, Eltern sollten das mit ihnen besprechen, so Reil: „Je älter sie werden, desto besser können sie reflektieren.“ Wichtig sei außerdem, dass Kinder nach der Schule auch herunterkommen dürfen und Eltern nicht stetig mahnend in der Tür stehen. Nach der dritten Mahnung ansagen, dass sie es nicht mehr tun und danach das Kind die Konsequenzen spüren lassen. Und wenn selbst das nichts verändert, sollten sie feinfühlig bleiben und noch ein Mal das Kind fragen, ob es eine Idee hat, wie es zum Beispiel die Hausaufgaben schneller fertig bekommt, schlägt Reil vor.