Drogen sind überall verfügbar

Nicht erst seit der Diskussion, um die Legalisierung von Cannabis ist das Thema Drogenkonsum von Kindern und Jugendlichen in Familien ein Thema. Aber auch sogenannte „legale“ Drogen wie Alkohol und Nikotin beschäftigen viele Eltern. Die Drogenberatungsstelle Release, die gerade ihr 50jähriges Bestehen feiert, bietet die Möglichkeit sich unter anderem dazu beraten zu lassen. Luftballon-Redakteurin Cristina Rieck sprach mit Bernd Klenk, dem hauptamtlichen Vorstand der Drogenberatungsstelle.

Herr Klenk, Release feiert sein 50. Jubiläum. Sie sind seit über 20 Jahren dabei. Was hat sich in dieser Zeit hinsichtlich des Drogenkonsums von Jugendlichen verändert?

Als Release vor 50 Jahren gegründet wurde, lag die Ursache darin, dass viele Jugendliche begonnen hatten, andere Drogen zu konsumieren, als die Erwachsenen es damals taten. Heroin, Haschisch und LSD waren „neu“ und vor allem durch den Heroinkonsum wurden sehr viele junge Menschen schnell abhängig. Später fand dann der Konsum von Ecstasy, Kokain und Amphetaminen eine größere Verbreitung. Der überwiegende Teil der Jugendlichen konsumierte aber damals wie heute Alkohol und Nikotin – wie die Erwachsenen auch.

Ein Junge mit einem Rucksack steht mit dem Rücken zum Bild, zwei Mädchen schauen ihn an.

Was sich verändert hat, ist das Einstiegsalter. Es beginnt früher. Viele Jugendliche definieren sich selbst schon mit 13 oder 14 Jahren als alt genug für das Sammeln von eigenen Drogenerfahrungen. Dadurch steigen wiederum die Risiken, die mit dem Konsum verbunden sind. Seit 2011 bietet Release auch Beratungs- und Präventionsangebote für Probleme mit dem Internetkonsum oder Internetabhängigkeit an.

Wer kommt typischerweise zu Release?

Drogenkonsum ist nicht unbedingt ein Phänomen des Jugendalters. Legale und illegale Drogen werden sogar hauptsächlich von Erwachsenen konsumiert. Aber natürlich ist das Jugendalter die Phase, in der „die Grundsteine“ für das spätere Leben gelegt werden, weshalb der regelmäßige Substanzkonsum in jungen Jahren ein großer Risikofaktor für mögliche Suchterkrankung ist. Darum bieten wir mit Release U21 für Jugendliche und junge Erwachsene eine eigene Beratungsstelle an.

Alle über 21 Jahre können bei Release Mitte Unterstützung bekommen. Menschen mit einer Opiatabhängigkeit können sich an Release direkt wenden. Vor allem bei Release U21 melden sich auch viele Angehörige (Eltern, Verwandte, Freundinnen und Freunde), die Unterstützung für den Umgang mit einer nahestehenden Person suchen.

Wichtig ist uns, dass sich Konsumenten und Angehörige schon bei den ersten Auffälligkeiten bei Release Unterstützung holen.  

Was raten Sie Eltern, die mit ihrem Kind über die Problematik des Drogenkonsums im Gespräch bleiben wollen?

Eltern sollten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen, weil sie denken ihr Sohn oder ihre Tochter mache so etwas nicht. Drogen sind überall um uns herum verfügbar und alle Jugendlichen kennen im näheren Umfeld jemanden, der etwas konsumiert. Das heißt aber noch lange nicht, dass alle selbst konsumieren. Die Neugier ist aber sicher da und Gelegenheiten, bei denen zumindest Alkohol getrunken oder Tabak geraucht wird, gibt es zuhauf. Deshalb sollten Eltern aufmerksam sein und mit ihren Kindern über diese Themen reden. Sie sollten schon im Vorfeld Regeln festlegen, beispielsweise in Bezug auf den Konsum von Alkohol und Nikotin, aber auch Vertrauen und Freiräume geben. Dabei ist es sinnvoll sich mit seinem Partner bzw. seiner Partnerin  über die Haltung zu diesen Fragestellungen auszutauschen und weitestgehend zu einigen. In Beratungsgesprächen werden diesbezüglich immer wieder Diskrepanzen deutlich.

Wichtig ist auch, dass Eltern ihre konsumierenden Jugendlichen nicht auf den Drogenkonsum reduzieren und diesen zum ausschließlichen Thema erklären. Es geht immer darum, den Kindern zu sagen, was sie gut machen und warum man sie liebt.

Wenn Sorgen, Ängste  und Schuldgefühle die Eltern quälen, sobald das Thema auf dem Tisch liegt, sollten sie sich unbedingt Unterstützung holen. Gerne bei Release oder einer vergleichbaren Organisation.

Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Klenk.

Porträt von Bernd Klink, Vorstand Release Stuttgart e.V.

Zur Person:

Diplomsozialarbeiter Bernd Klenk ist nach den beruflichen Stationen Jugendfarm, Jugendhaus und Mobile Jugendarbeit seit 2000 bei Release. Von 2004 bis 2019 Dienststellenleitung bei Release U21. Seit 2020 Hauptamtlicher Vorstand von Release Stuttgart e.V..

Info:

Release Stuttgart e.V., Villastraße 11, S-Ost, Tel.: 0711-60173730, release-stuttgart.de ​