Clever wickeln mit Stoff

Moderne Stoffwindeln erobern den Markt und die Kinderzimmer. Tatsächlich gibt es viele Gründe, die für das Verwenden von Stoffwindeln sprechen. Denn wer auf Wegwerfwindeln verzichtet, tut seinem Kind, ebenso wie der Umwelt, viel Gutes. Aus diesem Grund werden immer mehr Eltern, die Stoffwindeln verwenden, von Kommunen belohnt.
Auf die Supermarkttüte verzichten Verbraucher mittlerweile, doch welch katastrophale Folgen Wegwerfwindeln für die Umwelt bedeuten, scheint vielen Eltern noch nicht klar zu sein.

Jedes Baby benötigt drei bis sieben Windeln am Tag. Laut Statistik landen in Deutschland jährlich etwa 10 Millionen Plastikwindeln im Restmüll. Da die Außenhülle dieser Windeln aus schwer abbaubarem Polyethylen besteht, schätzen Experten, dass sie sich erst nach 300 bis 500 Jahren zersetzt.
„Eine schreckliche Vorstellung, wie viele Generationen sie überdauert“, betont Kinderkrankenpflegerin Shaline Geske, die sich als Stoffwindelexpertin qualifiziert hat.  Sie wünscht sich für ihre Kinder und Enkelkinder, „dass sie die Schönheit unserer Erde noch genauso erleben können, wenn sie groß sind wie wir“, darum müsse es für Eltern selbstverständlich werden, „unsere Erde nicht mit unnötigem Müll zu belasten“, so Geske.

Stoffwindeln werden umweltfreundlich produziert und wiederverwendet. Daher belasten sie die Umwelt kein bisschen.

Gesundheit

Ein weiterer Vorteil von Stoffwindeln ist, dass in der Regel keine Windeldermatitis auftritt. Im Gegensatz zum Plastik kann Stoff atmen und überhitzt sich nicht. Selbst mit Wollüberhöschen bleibt die Temperatur in der Windel angenehm hautwarm. Und das Baby hat keinen Kontakt mit irgendwelchen Chemikalien: „Die Vorstellung, dass mein Baby den ganzen Tag mit Chemikalien am Genital in Kontakt kommt, ist fürchterlich“, ereifert sich Geske. „Da ist ein Stück reine Baumwolle einfach eine bessere Alternative“.
Sie empfiehlt Eltern zur Pflege von Babys auch nur Wasser oder natürliche Alternativen, denn „alles was auf Babys Haut kommt, dringt auch in seinen Körper ein“.
Durch das breitere Wickeln mit Stoffwindeln wird nach Aussage von Fachärzten auch die Ausbildung des Hüftgelenkes unterstützt.

Waschen

Dank unserer moderneren Waschmaschinen ist das Reinigen der Stoffwindeln kein Problem mehr. Sie müssen nicht eingeweicht oder vorbehandelt werden und bei 60 Grad wird alles hygienisch sauber.
Oder man beauftragt einen Windelservice, wie den von Sylvia Fischer: „Windel Wäscha“ verleiht Windeln an Familien im Raum Stuttgart bis Tübingen und holt sie dann zuverlässig zum Waschen wieder ab. Verschließbare Kisten und Wäschesäcke sind im Angebot inbegriffen.
„Übrigens stinken nur die Wegwerfwindeln“, weiß Geske aus Erfahrung. Stoffwindeln seien dagegen geruchsneutral, und auch der Babystuhlgang stinke darin nicht.

Trocken werden

In der Regel sind die Stoffwickelkinder schneller trocken, denn sie verstehen schneller den Zusammenhang zwischen „Pippi machen“ und nasser Windel.
Anders als eine Wegwerfwindel fühlt sich die Stoffwindel eben nass an, und so lernt das Kind auf natürliche Weise trocken zu werden. Den dünnen Milchstuhl saugen Stoffwindeln dagegen schneller auf als Wegwerfwindeln. „Dadurch muss man weniger Wechselkleidung mitnehmen und hat weniger verschmutzte Bodies und Strumpfhosen“, weiß Geske aus jahrelanger Erfahrung.

Moderne Stoffwindeln

Dass die Stoffwindel immer mehr im Kommen ist, zeigen die vielen unterschiedlichen Anbieter und Systeme von Stoffwindeln, die es mittlerweile gibt. Selbst die großen Drogeriemarktketten haben seit einiger Zeit Stoffwindeln im Angebot, die leicht zu handhaben sind.

Bei wiederverwendbaren Windeln wird besonders auf natürliche Materialien geachtet, darunter Baumwolle, Hanf, Bambus, Wolle und PUL, ein atmungsaktiver, natürlich beschichteter Stoff.
Für Eltern ist die Entscheidung welche Stoffwindel für sie und ihr Baby die richtige ist, zugegebenermaßen nicht ganz einfach.
Im Wesentlichen gibt es die folgenden Stoffwickel-Systeme:  „All in one“ (AIO)-Windeln sind wie eine Wegwerfwindel anlegbar. Die Saugeinlage ist an der Windel befestigt und sie hat eine integrierte Überhose. Der Vorteil ist hier, dass man die einzelnen Teile der Windel nach der Wäsche nicht erst wieder zusammensuchen muss.
„All in two“ (AI2)-Windeln  bestehen aus einer Stoff-Einlagewindel und einer wasserfesten Überhose, die nicht bei jedem Wickeln in die Wäsche muss.
„All in three“(AI3)-Windeln dagegen bestehen aus drei Teilen: Es gibt eine Außenwindel und eine Innenwindel, auch „Wanne“ genannt, welche die wasserdichte Zwischenschicht bildet, aber dennoch atmungsaktiv ist. In diese Wanne kommt dann noch die dritte Komponente, eine oder mehreren Einlagen.
Wer mag, kann natürlich nach wie vor wie zu Oma’s Zeiten mit Mullwindeln (Einschlagtüchern) wickeln.
Egel für welches System sich Eltern entscheiden, moderne Stoffwindeln sind nicht nur umweltfreundlich und hautschonend, sie sind auch schick und praktisch.

Geht auch windelfrei?

Eltern, die ihre Kinder windelfrei aufwachsen lassen, verzichten natürlich nicht ganz auf die Windeln. Aber so oft wie möglich wollen sie ihrem Baby die Möglichkeit geben auszuscheiden, ohne dabei in seinen Ausscheidungen liegen zu müssen. Laut Geske, die auch ihre eigenen Kinder „windelfrei“ aufzieht, wird dadurch das Körpergefühl der Babys und Kleinkinder gestärkt und „das Gefühl über die volle Blase und den vollen Darm bleibt aufrecht erhalten“, beobachtet die Windelexpertin.
Angenehme Nebeneffekte sind auch, dass dabei der Windelverbrauch minimiert wird und man auf Feuchttücher und Windelcremes verzichten kann, da die Haut geschont wird.

„Es gibt Phasen im Leben eines Säuglings, in denen das Abhalten mal gut und mal weniger gut gelingt“, erklärt die Expertin. Doch wenn die Kommunikation zwischen Eltern und Kind funktioniere, sei es möglich, sein Kind völlig stressfrei ohne Windel aufzuziehen. Damit Eltern die Signale ihres Säuglings, die sich über die Wochen verändern,  erkennen lernen, bietet Geske einmal im Monat Kurse für Eltern und werdende Eltern an, in denen diese Hintergrundwissen erfahren, das ihnen erlaubt, solche Signale besser zu erkennen und zu deuten.

Kosten

Die Erstanschaffungskosten sind bei Stoffwindeln natürlich etwas höher. Ein Einsteigerpaket kostet, je nach Hersteller, um die 100 Euro. Doch die Stoffwindelexpertin Geske betont, dass Eltern bei einem Baby dennoch rund 1000 Euro sparen. „Ab dem 2. Kind spart man natürlich noch viel mehr. Außerdem können die Mullwindeln über Jahrzehnte verwendet werden“, so Geske. Ein schöner Gedanke, wenn Mama oder Papa ihrem Sprössling sogar noch die Mullwindel aus der eigenen Kindheit anziehen können. 

Viele europäische Kommunen unterstützen Eltern, die ihre Kinder mit Stoffwindeln wickeln, mit einem Windelgutschein. Auch im Ländle, in Städten wie beispielsweise Tübingen, Freiburg, Ravensburg oder Schwäbisch Hall, ist die Unterstützung für Stoffwindelpakete bereits gang und gäbe.
Da liegt die Frage nahe: Wann wird auch Stuttgart Verwender von Stoffwindeln belohnen?