Wenn berufstätige Paare Eltern werden, stellt sich immer die Frage: Wie teilen wir uns auf? Wer bleibt zuhause bei den Kindern? Wer reduziert seine Arbeitszeit? Oder gibt es ein Modell, bei dem beide die Möglichkeit haben, ihren beruflichen Ambitionen nachzugehen? Damit diese Fragen nicht nur „privat“ gelöst werden, sollten Eltern hierbei auch von der Gesellschaft Unterstützung erfahren. Und auch die Arbeitgeber sind gefragt.

Lösungen finden

Robert und Lena (beide 25) sind vor 15 Monaten Eltern geworden und sagen: „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist uns sehr wichtig!“ Robert arbeitet daher nur 35 Stunden in der Woche und Lena kann sich ihre Zeit während ihrer Masterarbeit relativ frei einteilen. Nach ihrem Abschluss will sie auch in Teilzeit arbeiten, um möglichst viel Zeit mit Tochter Charlotte verbringen zu können.
„Wir probieren, die Nachmittage nach Möglichkeit zu dritt zu verbringen. Aber natürlich wollen wir beide auch unsere eigene Arbeit nicht vernachlässigen. Das bedeutet, dass wir uns täglich gut absprechen müssen. Wer bringt Charlotte zur Tagesmutter, wer holt sie ab? Welche festen Termine (Meetings etc.) gibt es?“

Lena wird, während sie ihre Abschlussarbeit schreibt, zwar von der Uni nicht in besonderem Maße unterstützt, erhält aber über einen verlängerten Zeitraum BAföG und für eine begrenzte Dauer ein Familienstipendium. Roberts Unternehmen bietet eine komplett freie Arbeitszeiteinteilung an. Dadurch kann der Tagesablauf mehr im Sinne der Familie geplant werden und auch ein Ausflug oder Arzttermin am Vormittag ist mal möglich. Dann verschiebt sich die Arbeit in den späteren Nachmittag. Homeoffice ist in seinem Unternehmen völlig normal, wodurch Fahrzeiten wegfallen.

Ein Kind ist unterwegs

Es verändert sich so einiges, wenn ein Kind unterwegs ist – und ganz sicher auch der Arbeitsalltag. Dass eine nachfolgende Generation geboren wird, ist für unsere Gesellschaft unabdingbar. Dennoch scheint es heute immer noch so, dass insbesondere die Berufskarrieren von Müttern überwiegend Nachteile dadurch haben, dass diese sich um ihren Nachwuchs kümmern.

Viele Untersuchungen weisen darauf hin, dass sich junge Familien zunehmend eine partnerschaftliche Aufteilung der Kinderbetreuung wünschen. Und auch in immer mehr Unternehmen erfährt eine familienfreundliche Unternehmenskultur Aufschwung. Ob nun aus Einsicht und einer neuen Werteorientierung oder aber einfach aus der Notwendigkeit des Fachkräftemangels heraus, ist unklar. Dennoch bewirkt diese neue Art der Unternehmenskultur langsam etwas im Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

„Das Thema Familie und berufliche Vereinbarkeit nimmt erst dann wirklich Fahrt auf, wenn es kein „Geschlecht“ mehr hat. Wenn uns spontan beide Elternteile einfallen, wenn es um Care-Arbeit und genauso um Karrierethemen geht“, so Nina Straßner, Head of Diversity & People Programs SAP Germany (Quelle: Broschüre „So sag ich’s meinen Vorgesetzten“, Seite 25, Hrsg.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend).

Für Eltern gehen mit der Schwangerschaft die konkreten Planungen für die nächsten Berufsjahre einher: Wer nimmt wann Elternzeit, wie sieht es mit der finanziellen Versorgung der Familie aus, wann und vor allem wie ist ein Wiedereinstieg geplant? Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ bietet dazu den kostenlosen Ratgeber „So sag ich’s meinen Vorgesetzten“ – mit vielen praktischen Tipps, Argumenten und Herangehensweisen.

Neue Rollenbilder für Väter

Die Partnermonate für Väter werden immer häufiger in Anspruch genommen. Das wird von vielen als ein Erfolg des Elterngelds angesehen. Viele Väter wünschen sich sogar, länger in Elternzeit zu gehen als nur zwei Monate. Das wird in so manchem Unternehmen leider immer noch nicht gerne gesehen, auch wenn die Väterfreundlichkeit in Unternehmen in den letzten Jahren zugenommen hat. So hat sich der Anteil der Unternehmen, die männliche Führungskräfte ausdrücklich ermuntern, Elternzeit zu nehmen, seit 2015 auf heute 34 Prozent verdoppelt (Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2023).

Junge Väter sehen sich nicht in erste Linie als Ernährer, sondern möchten ihre Rolle als aktiver Vater leben, emotional eng mit Kind und Familie. 75 Prozent der Beschäftigten zwischen 25 und 39 Jahren würden für mehr Familienfreundlichkeit sogar den Arbeitgeber wechseln. Doch auch heutzutage machen Väter seltener als Mütter berufliche Abstriche zugunsten der Familie und gehen seltener in Teilzeit (2022: Väter 8 %, Mütter 68 % – Väterreport 2023).

Was brauchen Familien, damit sie Beruf und Familie gut vereinbaren können?

Das Leben mit Kindern erfordert ein viel größeres Maß an Flexibilität, wenn beide Eltern parallel berufstätig sind. „Rushhour des Lebens“ wird diese Zeit oft genannt, in der Familienleben und Karriere gleichzeitig Thema sind und so die Belastung durch Familien- und Erwerbsarbeit auf alle zukommt.

Die größte Herausforderung im Familien- und Berufsalltag ist die Unvorhersehbarkeit: Das Kind kann kurzfristig krank sein oder die Betreuung fällt aus. Zu attraktiven Arbeitsbedingungen gehört daher auch ein betriebliches Familienbewusstsein, das Verständnis und Flexibilität zulässt.

Welche familienfreundlichen Maßnahmen können vom Arbeitgeber angeboten werden?

Bis sie sich das erste Mal mit dem Thema beschäftigen, wissen viele Mitarbeiter oftmals gar nicht, ob und was ihr Arbeitgeber an familienfreundlichen Angeboten bereithält. Neben einer grundsätzlich familienfreundlichen Unternehmenskultur gibt es ganz konkrete Maßnahmen, über die es sich zu informieren lohnt.

Arbeitszeitgestaltung und Anpassung der Arbeitszeiten

  • Teilzeit: Bei einer vereinbarten Jahresarbeitszeit sind zwei Varianten möglich: eine gleichbleibende Anzahl von Wochenstunden oder eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit über das Jahr verteilt. Einen Anspruch auf eine geringere Arbeitszeit hat man grundsätzlich dann, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer:innen beschäftigt. Es empfiehlt sich, nach der Elternzeit die Teilzeit befristet zu vereinbaren, damit man später wieder auf die ursprüngliche Stundenzahl aufstocken kann. -
  • Jobsharing: Jobsharing ist ein Teilzeitmodell, bei dem zwei Beschäftigte einen Arbeitsplatz teilen und in der Regel ihre Arbeitszeiten gemeinsam festlegen. Das Gesamtpensum sollte dabei langfristig gleichmäßig verteilt sein.
  • Flexibilität: Für Familien gehören zu flexibleren, familienfreundlichen Arbeitsbedingungen auch Sonderurlaubsregelungen oder die Möglichkeit, kurzfristig Urlaubsplanungen verschieben zu können. 
  • Vertrauensarbeitszeit: Hier bestimmen die Mitarbeiter:innen selbst, wann und wie lange sie arbeiten. Es geht weniger um die beim Arbeiten verbrachte Zeit als vielmehr um die vereinbarten Arbeitsergebnisse. Vertrauensarbeitszeit ist gut geeignet, um Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, da sie eine sehr hohe Zeitsouveränität einräumt. Eine Gefahr diese Modells besteht allerdings darin, dass die Zielvorgaben zu hoch liegen können oder man gar nicht mehr „nicht arbeitet“, weil die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt.

Mobiles Arbeiten

Der Arbeitsalltag unter Pandemiebedingungen hat gezeigt, dass Homeoffice und Telearbeit keine Ausnahme für Mütter und Väter mehr sein müssen, sondern mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit für Beschäftigte werden. Mobiles Arbeiten kann gut geeignet sein, um Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, da man im Homeoffice auch während der Arbeit zu Hause präsent sein kann und lange Fahrzeiten zum Arbeitsort wegfallen. Flexible Arbeitsmodelle verlangen jedoch ein hohes Maß an Selbstorganisation und einen achtsamen Umgang mit den eigenen Ressourcen.

Betreuung - ein wesentlicher Faktor

Eine gesicherte und geregelte Betreuung ist das A und O, wenn beide Eltern arbeiten gehen. Auch der Betrieb kann dazu beitragen. Natürlich kann nicht jeder Arbeitgeber eine eigene Kita anbieten, aber auch darüber hinaus gibt es Möglichkeiten, die teilweise sogar steuerliche Vorteile bringen.

Unternehmen können sich mit einem finanziellen Zuschuss an den Kosten der Kinderbetreuung beteiligen. 49 Prozent der Eltern wünschen sich dies von ihrem Arbeitgeber, doch nur 12 Prozent der Unternehmen nutzen dieses einfache und wirkungsvolle Instrument. (QUELLE: IKK classic (2019): Kinderwunsch und Kinderbetreuung). Ein steuer- und sozialversicherungsfreier Zuschuss zur Kinderbetreuung (§ 3 Nr. 33 EstG) kann zweckgebunden für die Kosten der Betreuung und Unterbringung von Kindern in Kindertageseinrichtungen oder bei Tagesmüttern eingesetzt und zusätzlich zum Gehalt ausbezahlt werden. Auch für Notfall- und Randzeitenbetreuung lässt sich ein Teil der Betreuungskosten von der Steuer absetzen, ebenso für Ferienbetreuung.

„Attraktive Arbeitsbedingungen – und dazu gehört auf jeden Fall betriebliches Familienbewusstsein – tragen zur Fachkräftesicherung bei. Gleichzeitig bieten die Digitalisierung und die ökologische Transformation neue Chancen zur Ausgestaltung des Familienbewusstseins. Durch die Arbeit im Homeoffice kommen ländliche Räume zunehmend als Wohnorte für Familien in Frage. Zudem kann das klimaschädliche und zeitraubende Pendeln zur Arbeitsstätte reduziert werden. Daraus ergeben sich positive Effekte für die Klimabilanz und Familien haben mehr Zeit zur Verfügung.“ (Quelle: Broschüre „So sag ich’s meinen Vorgesetzten“).

Insgesamt sind heute mehr Unternehmen auf dem Weg zu wirklicher Familienfreundlichkeit. Dennoch geht es nur langsam voran, auch politisch. Das für 2024 vorgesehene „Gesetz zur zweiwöchigen Partnerfreistellung“ wurde zum Beispiel aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage verschoben, obwohl es als EU-Richtlinie im Koalitionsvertrag vereinbart war. Einige Firmen haben sich allerdings freiwillig entschlossen, die Regelung bereits umzusetzen.

Gut informiert! Weiterführende Links und Broschüren

Im Internet gibt es viele Seiten, die einem bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhelfen. Außerdem bieten einige Ministerien Broschüren mit wichtigen Informationen an. Wir haben einige zusammengestellt:

Erfolgsfaktor Familie

Familienfreundlichkeit hat sich vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, demografischen und digitalen Wandels sowie des zunehmenden Fachkräftemangels als harter Wettbewerbs- und Standortfaktor in der deutschen Wirtschaft etabliert. Ziel ist es, Unternehmen von den Vorteilen einer familienbewussten Personalpolitik zu überzeugen. Zielgruppen des Netzwerks „Erfolgsfaktor Familie“ sind Unternehmens- und Personalverantwortliche, Beschäftigte sowie Multiplikator:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Kammern.

erfolgsfaktor-familie.de

 

Elterngeldrechner

ElterngeldPlus macht es für Mütter und Väter einfacher, Elterngeldbezug und Teilzeitarbeit miteinander zu kombinieren. Auch die Arbeitgeber profitieren, weil Väter und Mütter schneller in den Beruf zurückkehren.

familienportal.de

So sag ich‘s meinen Vorgesetzten

Der Leitfaden unterstützt Beschäftigte dabei, gemeinsam mit der Chefin oder dem Chef gute Lösungen für eine familienbedingte Auszeit oder ein flexibles Arbeitszeitmodell zu finden. Beschäftigte erhalten Tipps, wie sie sich auf das Personalgespräch vorbereiten und welche eigenen Ideen und Vorschläge sie einbringen können, um Elternzeit und Wiedereinstieg erfolgreich zu gestalten. Gute Beispiele zeigen, welche Lösungen andere Eltern mit ihrem Arbeitgeber gefunden haben und was dabei besonders wichtig war. In allen Kapiteln geben Checklisten und Infokästen einen schnellen Überblick, auch zu den wichtigsten Terminen und Fristen zum Wiedereinstieg und zur Elternzeit.

erfolgsfaktor-familie.de

 

Broschüre für Väter

Väterreport des Bundesfamilienministeriums. Update 2023

bmfsfj.de